Freitag, 5. Oktober 2007

2. Taiphoon, Coiffeur, Hochzeit, Nationalfeiertag, Schule, Erdbeben, RC-Präsentation, Taipei

Meine Schwester Olivia ist übrigens auch im Austauschjahr. Sie befindet sich in Australien und hat auch ein sehr interessanter Blog: www.oliviaruetti.blogspot.com Wir skypen ab und zu miteinander, denn wir haben ja nur 2 Stunden Zeitverschiebung.
Diesmal hat beim Rotarymeeting irgendein Banker ein Referat über Geld, Finanzen und Anlagemöglichkeiten gehabt (soviel ich verstanden habe ;-). Danach feierten wir noch den Geburtstag eines Mitglieds bei Tee und Kuchen. Aufs Wochenende kam dann schonwieder ein Taifun, namens Krosa. Im Fernseher wurde wieder mitgeteilt, dass man nicht zur Arbeit muss. Eigentlich blöd, denn an einem Wochentag wäre es besser gewesen, wir hätten dann schulfrei gehabt. Leider wurde so das Rotarymeeting in Taipei vom Samstag abgesagt. Etwas Gutes haben die Taifune jedoch an sich, sie säubern die verschmutzte Luft. Der Wind bläst die Partikel fort und der Regen hilft mit säubern. Wir blieben also die ganze Zeit im Haus und verbrachten den Tag vor dem Fernseher und Computer. Das Internet lief wieder völlig langsam, weil ja alle zu Hause am surfen waren. Plötzlich liefen dann aufgrund der Sturmschäden keine Programme mehr im Fernseher. So schaute ich mir die "Blood Diamond-DVD" an, die mir meine Kollegen vom Gymer für langweilige Zeiten geschenkt haben (nochmals vielen Dank!). Dieser Taifun ist übrigens der stärkste, den Taiwan dieses Jahr hatte! Es sauste und brauste wie verrückt, der erste Taifun, den ich erlebt hatte war ein Fliegendreck dagegen! Stets waren Sirenen von Krankenwagen zu hören, auch das Pfeifen des Windes war sehr laut. Manchmal hat sogar das Haus leicht gewackelt vom starken Wind, Alles klapperte und klirrte nur so (dies ist kein Witz!)!!! Diesmal war es wirklich zu gefährlich, um raus zu gehen! Am nächsten Tag war in der Stadt alles zerstört. Überall lagen kaputte Sachen herum, Bäume waren geknickt, Telephonstangen waren kaputt, die Strassen waren völlig dreckig usw. Viele waren mit Aufräumarbeiten beschäftigt.
Bilanz:

<< Taiphoon Krosa vor ostchinesischer Küste

In Ostchina wurden mehr als eine Million Menschen in Sicherheit gebracht und fast 70 000 Schiffe in die Häfen zurückgerufen. Die Behörden gaben eine Sturmflutwarnung höchster Stufe heraus. Gestern hatte der Sturm in Taiwan gewütet. Dort wurden 11 Menschen getötet und 67 verletzt. 3 Personen werden noch vermisst. Schwere Regenfälle und Winde über 200 Stundenkilometer zerstörten in Taiwan Häuser, knickten Schilder und Bäume um und lösten Erdrutsche aus. In einigen Teilen der Insel stand das Wasser kniehoch in den Straßen, im Osten Taiwans blockierte ein Erdrutsch eine wichtige Autobahn. Insgesamt wurden 91 Strassen schwer beschädigt. Die Landwirtschaft erlitt erhebliche Schäden, geschätzt auf 2'673 Mio. NT$. 52'955 Hektaren Kulturland wurden zerstört, hauptsächlich betroffen sind Bananenplantagen und Reisfelder. Bei über 2 Mio. Haushalten fiel die Stromversorgung aus. Der Flug- und Fährverkehr kam größtenteils zum Erliegen. In Taipeh blieben Geschäfte und Büros geschlossen. In den südchinesischen Provinzen Fujian und Zhejiang bereiteten sich die Behörden unterdessen auf die Ankunft des Taifuns vor. Touristen wurden angewiesen, vor der Küste gelegene Inseln zu verlassen, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Dies war der 15. Taifun im Westpazifik in diesem Jahr, zudem war er der stärkste seit 1996. Sein Radius betrug zum Teil über 300km >>

Seit Langem habe ich mir die Haare nicht mehr schneiden lassen. Zusammen mit meiner Gastmutter bin ich dann in einen der tausenden Coiffeursalons. Mit Händen, Füssen und gebrochen Chinesisch konnte ich irgendwie erklären, was ich wollte. Gekostet hat es 205 NT$, das sind etwa 8 CHF (hallo Frauen in der Schweiz, davon könnt ihr nur träumen...;-)! Ein paar Schulkollegen am Abend im Park:

Am Abend sind wir an eine Hochzeit von einer Rotarierfamilie gegangen. Wooooow, an so einem riesigen Fest bin ich noch nie gewesen! Im Saal waren über 65 Tische m
it je 10 Plätzen. Der Saal war ausgebucht, das heisst, dass mehr als 650 Gäste dort waren! Das Essen war super, wir assen während 3 Stunden! Die Braut und der Bräutigam samt deren Familie waren natürlich im Mittelpunkt. Die Braut hat übrigens im Verlaufe des Abends etwa 3 mal ihre Kleider gewechselt!!! Komisch fand ich, dass so gegen 10 Uhr alle nach Hause gingen (Sonntag???). Ob die Familie vorher eine religiöse Zeremonie hatte, weiss ich nicht, wir waren nur zum "Megadinner" eingeladen. Meine Gastmutter hat an diesem Abend etwas über den durst getrunken, ebenso auch viele andere eingeladene Gäste ;-)

Ich glaube am Dienstag Abend hatte unser Rotary Club ein "Familien- Dinner at Home" bei jemandem zu Hause. Wir assen zusammen sehr gut und hatten es lus
tig. Die Frauen, welche noch keinen 2. Westlichen Namen hatten, suchten sich einen aus (wie z.B.: Rose, Ruby, Apple, Alice, Jenny,...). Natürlich war dann auch noch Karaoke angesagt, wie fast immer...!
Am Mittwoch hatten wir Alle Schulfrei, weil an diesem Tag der Nationalfeiertag von Taiwan war:
Taiwan ist ein demokratisches Land, offiziell die “Republik China”. Der taiwanische Nationalfeiertag bezieht sich auf die [1] Gründung der Republik vor 96 Jahren, als die letzte chinesische Dynastie in einer [2] Revolution gekippt wurde. Die neue Zeitrechnung Taiwans begann am 1.1.1912, mit dem Ausrufen der Republik China durch Sun Yatsen. In der Volksrepublik erinnert man sich an das historische Datum mit einem Museum, in Taiwan dagegen hat man eine eigene Zeitrechnung: man ziehe einfach 11 Jahre von der Jahreszahl ab und erhält das offizielle Datum im Jahr der Republik 96 (anstatt 2007!).

Taiwan ist nach dem Ende des Kriegsrechts vor 20 Jahren eine normale Demokratie mit normalen inneren Problemen, wie es sie hierzulande auch gibt. In den Medien der Volksrepublik China kommt Taiwan als “abtrünnige Provinz” vor, [3] oft in [4] propagandistisch-beißender Rhetorik, besonders im Vorfeld von Wahlen oder [5] Anträgen auf [6] Wiederaufnahme in die [7] Vereinten Nationen. Zuweilen berichtet das chinesische Staatsfernsehen auch [8] verhältnismäßig sachlich. Auch in der Readers Edition liest man zuweilen darüber, aber generell ist Taiwan in hiesigen Medien zu wenig präsent. Mehr Interessante Infos unter: http://www.readers-edition.de/2007/10/09/taiwans-nationalfeiertag-mit-militaerischen-vorzeichen/print/

In Taipei war dann so eine Militärparade, und überall wurden Kracher und Feuerwerkskörper abglassen. An diesem Tag bin ich mit Lars und einem Kollege von ihm mit dem Fahrrad von Chung-Li aus bis an den Strand gefahren. Auf dem Weg fuhren wir an der "Taiwan High-Speed Railroad Trainstation" und dem "Taiwan International Airport" vorbei. Top moderne Gebäude! Beim Flughafen hielten wir an einem Ort, wo die Flugzeuge 20m über uns durchflogen, das war laut! Am Haven schauten wir uns den Seafoodmarkt an und assen Seafood zum Abendessen. An diesem Tag fuhren wir mit dem Fahrrad 50 km! Cool ;-)

In der Schule ist im Moment auch sehr viel los. Am Donnerstag und Freitag hatten die Schüler die "Midterm Exams" (sind 6 x pro Jahr). Ich durfte au
ch mitmachen, ich schrieb aber nur den Englishtest: 1 Stunde Reading Comprehension und Grammar, und 1 Stunde Listening Comprehension. Der Test war für mich eigentlich sehr einfach. Es waren nur Multiple-choice Fragen und Lückentexte. Alles sehr streng ans Lehrbuch gebunden. Zum Teil kamen genau dieselben Sätze wie im Lehrbuch vor. Die Schüler haben wahrscheinlich einfach alles auswendig gelernt... Auch beim Hörverstehen war sehr langsam und deutlich gesprochenes "easy-English". Zudem kamen auch hier Dialoge vor, die wir gemeinsam in der Schule schon einmal gelesen haben! Man hat mir gesagt, dass nur die 12 Klasse (Grade 3) einen kurzen Essay schreiben muss. Mein Resultat war übrigens dann 85 von 100 Punkten, und dies ohne zu lernen! Zudem war ich unter den top ten der Schüler!
Zudem gibt es in der Schule so wie eine "Most-Bea
utiful-Classroom Competition". Jede Schulklasse schmückt nun ihr Klassenzimmer mit sehr viel Liebe, Aufwand und Eifer. Ich muss sagen, die geben sich wirklich sehr Mühe! Am Ende wird dann abgestummen, wer das schönste Klassenzimmer hat. Von nun an kann ich ein neues Fach besuchen: "Cooking Class"! Woow, ich freue mich schon, chinesisch kochen zu lernen! Der Unterricht startet aber erst später, weil im Moment diese 2 Stunden für ein anderes Projekt investiert werden: Bald hat unsere Schule Geburtstag, und bei der Feier muss jede Klasse etwas Vorführen. Ich mache auch mit, eben bei der Kochklasse. Wir erfinden das Märchen "Schneewittchen" neu (mit einem Tanz, Musik und kurzem Theater), und führen dann dies auf. Ich konnte übrigens auch einmal einen Blick in die "Art-Klasse" werfen. Ich muss sagen, die Schüler hier haben den Pinsel wirklich im Griff!!! Dies meine ich ernst, würde man einer Schweizer Klasse die selben Aufgaben stellen, käme dies nicht halb so schön heraus, auch nicht mit talentierten Schweizern. An was mag dies wohl liegen? Ehrgeiz und die Gewohnheit, stets schöne chinesische Zeichen zu schreiben,....?
In Taiwan ist Baseball übrigens sehr populär, vorallem die Major Baseball League der USA. Grund ist, dass bei den New York Yankees ein Profispieler ein Taiwanese ist. Überall kann man sein Name hören, er ist wie Roger Federer für die Schweiz. Sein Name tönt übrigens sehr ähnlich wie mein chinesischer Name, deshalb fällt mir dies stets auf. Im Lehrerzimmer und in den Klassenzimmern während den Pausen läuft im Fernseher dann stets Baseball... Auch sehr populär ist Spongebob Schwammkopf (eine Cartoonfigur). Er ist überall zu sehen, und alle haben Freude, wenn sie sehen, dass ich einen Spongebob-Schlüsselanhänger habe ;-)

Übrigens, am Donnerstag Mittag hatten wir wieder ein
Erdbeben! Endlich einmal während der Tageszeit! Ich konnte es also völlig bewusst wahrnehmen und erleben, woooow! Es war nicht soooo stark, aber immerhin hat Alles eine Zeit lang ziemlich gewackelt! Das Epizentrum war in Nordost Taiwan mit einer Stärke von 5,5 auf der Richterskala. Wir spürten aber nur etwa die Stärke 3.0.

Am Donnerstag Abend beim Rotarymeeting war dann mein grosser Tag. Ich hielt meinen Vortrag über die Schweiz und meine Familie. Ich muss sagen, soviel Leute wie an diesem Tag waren noch nie Anwesend (freut mich)! Ich präsentierte eine Powerpoint Präsentation über die Schweiz und liess eine DVD ab, auch in chinesisch (beides in Chinesisch, ich habe alldies von den Schweizer Behörden erhalten). Zudem zeigte ich Photos von unserer Familie, dem Haus und der Heimat. Zuletzt liess ich noch ein Filmchen von Papis Unternehmung ab. Ich sprach in "gebrochen Chinesisch" und English. Die Rotaryer wa
ren begeistert! Ich bin froh, dass Alles gut angekommen ist ;-) Am Ende schenkten sie mir noch zwei "härzige" Mercedes-Benz Teddybären ;-)

Am Samstag bin ich dann mit ein paar Schulkollegen nach Taipei gegangen. Die Kollegen haben so ein Filmprojekt, wo es unter Anderem auch um Ausländer und um Kommunikation geht. Sie fragten mich, ob ich mitmachen möchte. Klar! Wir filmten dann in ganz Taipei herum und interviewten viele Leute; Taiwanesen, Ausländer und auch kleine Kinder ;-) Die sind immer soooooo "härzig"! Wir hatten sehr viel Spass miteinander...
Ungewöhnlich war, dass wir an diesem Tag etwa drei Mal von christlichen Missionaren angehauen wurden!!!

Am Sonntag Morgen habe ich und mein Hostfather etwas Abseits von Chung- Li eine Fahrradtour gemacht. Die Landschaft war sehr schön, und zum Teil fuhren wir durch ziemlich urchige alte "China- Bauerndörfer". Schade war, dass fast überall Müll herumlag und dass vielerorts Feuer entfacht wurden, um den Müll los zu werden :-(. Wir sahen auch zahlreiche Tempel. Mein Hostfather sagte mir dann, dass es in Taiwan über 10'000 Tempel gibt! Seit dem Taiphoon ist das Wetter nicht mehr soooo heiss, "nur" noch etwa 25-28°C. Der Herbst ist also gekommen ;-)

Am Mittag sind wir dann gut Essen gegangen, und am Abend gleich noch einmal, in ein Thailändisches
Restaurant (diesmal meine ich Thailand und nicht Taiwan), welches einem Rotarymitglied gehört. Delicious... In diesem Restaurant traf ich zufälligerweise ein Pärchen aus Frankreich! Die beiden leben schon seit drei Jahren in Chung-Li und arbeiten für die High-Speed Railroad. Ich redete mit ihnen eine Weile, dann tauschten wir unsere Adressen aus. Die Taiwanesen haben im Highspeed-Train Business eben noch keine Erfahrung, deshalb brauchen sie Hilfe und Know-How von Europäern und Japanern. Die Strecke und die Schienen sind übrigens von Frankreich, der Zug jedoch ist von Japan!!!!! Eigentlich wollten die Taiwanesen Alles von Frankreich, aber die Japanischen Politiker übten Druck aus und nun gibt es (wird gesagt) viele Probleme (Bsp.: Windowssoftware läuft ja auch nicht auf einem Macintosh Computer...)!
Was mir sonst noch so aufgefallen ist, ist, dass es in Taiwan nirgendwo Kreisverkehre gibt. Kreisel kennen die hier wohl nicht, es hat nur Ampeln, und zwar VIELE! Sehr gut ist, dass einem bei jeder Ampel stets die Warte- oder Fahrtzeit mit einem Digitalen Zähler angezeigt wird. So weiss man immer, wie lange man noch warten, bzw. fahren kann. Dies ist übrigens eine Erfindung von Taiwan!

1 Kommentar:

Michèle hat gesagt…

Hallo Benj, habe schon fast ungeduldig auf deinen neuen Eintrag gewartet...doch du hast ja in der letzten Zeit soooo viel erlebt, dass ich es völlig verstehe, wenn du manchmal keine Zeit dazu hast.Dieser Tajfoon war ja schrecklich. Ihr hattet viel Glück, dass euch nichts passiert ist...und dann noch dieses Erdbeben am Tag..du hast dir wirklich ein Land ausgesucht, wo die Natur verrückt spielt.
wie lange dauern noch diese Wirbelstürme an? Ihr hattet ja schon viele und die Jahreszeit dazu ist ja eigentlich vorbei...doch heute, mit dem Klimawandel kann man ja auf nichts mehr gehen.
Ich freue mich auf deine neuen Kochkünste.....
Alles ist so interessant, was du erlebst, die Hochzeit, den Coiffeur, deine Rotarymeetings, die Schule...ect.
Ich schreibe dir dann bald ein ausführliches Mail und informiere dich über unser aktuelles Leben. bei uns läuft auch viel.
Bis bald und haäbs guet.
Mam