Dienstag, 12. Februar 2008

Ferien Teil 2, Familienwechsel, Chinese New Year

Neben dem normalen Coca Cola gibt es hier in Taiwan auch eine „Taiwanesische“ Version (wie viele andere Produkte, die hier imitiert werden…). Ich schreibe dies in meinen Blog, da diese „Imitation“ genauso schmeckt wie der Hustensirup, welchen wir als kleine Kinder bei Husten löffelten. Lustig, wie einem Gerüche und Geschmäcke an etwas erinnern können…

Von Mittwoch auf Donnerstag bin ich zu meinem Chinesischlehrer Mr. Lu nach Taipei, übernachten konnte ich in seiner neuen Wohnung. Wir besuchten ein Stadtviertel, wo es einen riesigen Markt hatte, auf welchem man allerlei „Chinese New Year“ Artikel kaufen konnte, so wie schöne Kalligraphiepapiere mit Sprüchen drauf, Räucherstäbchen, Schmuck usw. Vor allem geht es dort aber ums Essen: Getrocknete Früchte, Trockenfleisch, Trockenseafood, Nüsse, Kerne, Tee, Süssigkeiten und vieles mehr, soweit das Auge reicht. Das tolle daran ist, dass man überall probieren kann. Läuft man also einmal durch den ganzen Markt und wieder zurück, hat man etwa drei Mahlzeiten zu sich genommen ;-)! Dies liess ich mir natürlich nicht zweimal sagen, das war cool. Ich mag vor allem das Trockenfleisch und Trockenseafood, welche mit vielen verschiedenen Gewürzen erhältlich sind; süss, salzig, Pfeffer, Chilli, uvm. Leider hat es wieder geregnet wie in Strömen. Zum Glück aber hat es fast überall „Lauben“ oder überdachte Gassen welche einem Unterschlupf bieten, so wie in Bern.


Im Rotarymeeting war diesmal nichts Spezielles angesagt. Es ging lediglich um interne Angelegenheiten und Organisation. Was ich schön fand war, dass sie mich speziell geehrt haben. Sie sagten, dass sie einen guten Austauschschüler haben, welcher die Sprache schnell erlernt und Fortschritte macht, nicht so wie einige Andere aus unserem Distrikt ;-).

Vom Freitag auf Samstag bin ich schon wieder nach Taipei, zwei Austauschschüler feierten ihren 19. Geburtstag. Zur Feier sind auch viele aus den anderen zwei Distrikten gekommen. So viele verschiedene Austauschschüler aus so vielen verschiedenen Ländern zusammen ist einfach eine tolle Sache!


Am Sonntag war in meiner Familie so etwas Ähnliches wie „Frühlingsputz“ angesagt. Alle Familien hier reinigen das Haus von oben bis unten, kurz von dem „Chinese New Year“. Die ganze Familie hat Hand angelegt, sie haben sogar noch zwei Thailänderinnen für einen Tag angestellt, welche uns beim putzen halfen. Dies war dann auch mein letzter Tag in dieser Familie. Ich überreichte ihnen erneut eine selbst geschriebene Dankenskarte, an welcher sie sehr Freude hatten. Ja, insgesamt war ich nun etwa vier Monate in dieser Familie aus einer anderen Kultur, eine lange, schöne und interessante Zeit, welche ich nie vergessen werde! Nun freue ich mich aber auf die nächste Familie, die dritte, welche sicher ganz anders sein wird. Ihr Name ist Familie Zhang (zhang1) . Am Montag sind sie mich abholen gekommen, voraussichtlich werde ich drei Monate bei ihnen zu Gast sein. Die Familie ist sehr gross: Mein Hostfather mit Englischem Namen „Balance“, seine Ehefrau „Nancy“, ihr Sohn „Kiwi“ (17 Jahre), und zwei Töchter namens „Yaya“ (15 J.) und „Qing (sprich Tsching)“ (14 J.). Zudem wohnen die Grosseltern von Balance auch im selben Haus, die sind beide sehr lieb mit einem warmen Herz. Auch diese Familie hat einen Hund, ein richtig niedlicher rotbrauner Pudel namens Bienbien. Es ist ein Weibchen, noch nicht einmal 2 Jahre alt! Ich stehe ja nicht so auf Hunde, dieser jedoch ist völlig härzig ;-). Kiwi, mein Hostbruder ist nun im letzten Highschooljahr und will später an die UNI. Er möchte auch wie sein Vater in der technischen Richtung Ingenieur oder was auch immer studieren. Die beiden Töchter gehen beide in die Mittelschule. Balance besitzt eine eigene Unternehmung, zufälligerweise sogar in der selben Branche wie mein Vater! Wow, ich freue mich schon, auf eine Fabrikbesichtigung (folgt unten)! Seine Frau Nancy arbeitet auch in dieser Unternehmung.


Sie wohnen nicht viel weiter von der Schule entfernt als meine erste Familie. Mit dem Fahrrad sind es etwa 10 Minuten. Ihr Haus ist ein Teil eines Appartementkomplexes, sogar mit einem eigenen kleinen Garten. Woow, dies ist das Luxuriöseste Appartement, welches ich je in meinem Leben gesehen habe! Vier Stockwerke, sehr grosse und vor allem hohe Räume mit viel Raum, was hier in Taiwan nicht üblich ist. Überall ist Granit, Marmor, Glas und Edelholz, alles top modern und luxuriös! Die meisten Häuser werden hier mit kleiner Grundfläche gebaut, dafür haben sie dann vier oder sogar fünf Stockwerke. Der Grund ist eben der Platzmangel. Ist nicht genug Raum vorhanden, so baut man halt in die Höhe… Ich wohne im zweiten Stock in einem riesigen Zimmer mit topmodernen Möbeln, Marmorboden, Terrasse und eigenem Badezimmer (sogar die Duschbrause ist hoch genug!). Meine Gastmutter hat mir sogar echte Blumen ins Zimmer gestellt. Natürlich hat auch diese Familie einen Überdimensionalen Flachbildschirmfernseher mit Karaokeanlage (welche von der ganzen Familie häufig benutzt wird). In der obersten Etage haben sie sogar eine kleine „Tempelecke“, so wie ein kleiner Buddhistenofperaltar, wo man Räucherstäbchen usw. anzünden und beten kann.


Am ersten Abend hat mich Kiwi gleich zu seinen Kollegen mitgenommen. Die betreiben ein cooler Kleiderladen in der Shoppingzone des Bahnhofes. Sie verkaufen jugendliche Kleider. Die gaben mir dann viele Kleider zum anprobieren und waren begeistert, denn für sie sind „Europäer“ schöne Menschen!?! Sie schossen Photos, und fragten mich, ob ich für sie als „Model“ stehen will für ihre Internet Kleiderwebpage ;-). Wir verstehen uns sehr gut, dies habe ich mit meinem „Menschenverstand“ gleich von Anfang an gespürt. Zusammen sind wir dann in ein „All you caneat“ Restaurant Abendessen gegangen, anschliessend liessen wir Feuerwerkskörper ab (da muss man mich ja nicht zweimal fragen) ;-). Die haben übrigens eine clevere Technik, um die Raketen anzuzünden: Sie benützen Räucherstäbchen. Die brennen sehr lange, die Zündschnur ist leicht anzuzünden und zudem kann der Wind so stark wehen wie er will, die erlöschen nicht! Zum Schluss haben sie mir „Mahjong“ beigebracht, dies ist ein Chinesisches Spiel mit so „dominoähnlichen“ Steinen. Sie können kaum Englisch (ist auch gut so), mein Chinesisch ist wohl besser als ihr Englisch ;-). Sie erklärten mir alles auf Chinesisch, für mich sehr schwierig, habe aber erstaunlicherweise trotzdem ziemlich viel verstanden! Auch diese Familie ist ausgezeichnet im Kochen, sogar mein Hostfather Balance hilft dabei. Er sagte mir, dass er sehr gerne gutes Essen zubereitet…

Natürlich übergab ich auch dieser Familie die Schweizer Gastgeschenke, sie kamen super an! Am Taschenmesser, den CHF und Euros, dem Bergkristall, der Mausmatte, den Schreibutensilien, der Kuhglocke und allem drum und dran hatten sie sehr Freude, sie bedankten sich dafür überaus. Die Präsente wurden sehr geschätzt und mit Begeisterung angenommen. Am selben Abend gingen wir alle zusammen in die Stadt shoppen. Und da sie die Löcher meiner alten Socken gesehen haben, kauften sie mir neue ;-), und was für welche: Golfersocken!

Da ich mit vielen Leuten hier ins Gespräch komme, vor allem mit den Verkaufsangestellten beim Shoppen, ist mir aufgefallen, dass viele Erwachsene mich mit ihren Töchtern verkuppeln wollen. Ich bin eben ein Europäer, welcher aus dem „Luxus-Lebensstandardparadies“ kommt, wo (anscheinend) Milch und Honig fliesst. Die Taiwaneltern wollen alle für ihre Töchter einen Ehemann mit „Zukunft usw.“. Sie sagen dann zum Beispiel immer: „Hey, meine 17 jährige Tochter sieht gut aus und geht in diese oder jene Highschool, bla, bla, bla,…“. Ich lache dann nur und lasse mich nicht „fangen“ ;-). Mister Lu hat mir viel darüber erzählt, wessen Absicht viele Leute hier haben.

Am nächsten Tag war dann der „Chinese New Years” Abend. Am Morgen gingen wir Früchte, Räucherstäbchen und Papiergeld einkaufen für den Tempel. Beten ist aufgrund des Chinesischen Jahreswechsels voll aktuell. Bei einem kleinen Landtempel, in der kleinen „Tempelecke“ im eigenen Haus und in der Unternehmung von Balance führten sie dann ihre Traditionen durch. Geopfert haben wir Wasser, verschiedene Früchte, Alkohol, Geflügel, Schweinefleisch, ein Fisch, Süssigkeiten und Blumen. Sie sagten mir, dass man immer mindestens drei verschiedene Sachen bereitstellen muss. Anschliessend zeigte mir Balance seine Unternehmung, wie gesagt eben auch in der Metallverarbeitungsindustrie. Ich musste an meinen Vater denken, die Fabrik ist sehr ähnlich (Metallgeruch…), nur viel kleiner und weniger modern. Er hat eine CNC-Maschine, einfache Drehbänke, Stanz- und Pressmaschinen, Messgeräte, Kräne usw... In der Unternehmung arbeiten 10 Mitarbeiter. Am Abend dann kamen drei Familien (später noch mehr) zu uns um das „Chinese New Year“ zu feiern. Schon am Nachmittag begannen einige an zu kochen, das Abendessen war die reinste Henkersmahlzeit, erneut überraschten mich deren Kochkünste! Wir verabschiedeten das Chinesische Jahr 96 (wird gezählt seit Gründung der Volksrepublik China) und begrüssten das Jahr 97. Komisch war, dass wir um Mitternacht die „Korken nicht knallen liessen“, so wie in Europa. Nein, einige Gäste gingen sogar vor Mitternacht nach Hause. Überhaupt, hier in Taiwan bleiben die eingeladenen Gäste nie so lange zu Besuch, wie wir es gewohnt sind in der Schweiz. Der Grund ist mir ein Rätsel. Was auch komisch ist, ist dass man sich hier beim „Hallo sagen“ die Hände nicht schüttelt. Man grüsst sich einfach mit „Worten“. Die Meisten aber versuchten trotzdem die Nacht durchzumachen, denn dies soll laut Tradition Glück bringen. Geschafft hat’s fast niemand, sogar ich habe eine halbe stunde geschlafen. Während der Nacht wurde logischerweise Mahjong gespielt. Einige Männer spielten aber mit Jasskarten um ziemlich viel Geld (mehrere tausend CHF!!!). War interessant zuzuschauen, wie grosse Summen verspielt wurden ;-). Traditionell wurden dann die roten Briefcouverts mit Geld darin verschenkt, und der Gipfel war, dass auch ich welche erhalten habe!!! Insgesamt erhielt ich 4'000 NT$ (ca. 150 CHF!). Ich bedankte mich natürlich sehr und wünschte allen die üblichen „Chinesischen“ Glückswünsche, welche mir Mister Lu beigebracht hat (bei den Meisten geht es um Geld und Reichtum!?!).


Am ersten „Neujahrstag“ soll man nicht arbeiten, und dies wird hier sehr ernst genommen. Ich begleitete meine Familie erneut auf eine „Tempeltour“, denn in diesen Tagen ist es für sie wichtig, zu beten. Insgesamt besuchten wir fünf grosse und schöne Tempel. Natürlich wimmelte es nur so von Leuten aufgrund des speziellen Datums (damit meine ich Taiwanesen, denn ich war wieder einmal der einzige Ausländer, den ich an diesem Tag gesehen habe ;-). Cool ist, dass man bei den grösseren Tempeln immer Tee, Süssigkeiten und Bean- oder Rice soup gratis erhält ;-). Am Schluss der Tour riechten meine Kleider von Oben bis Unten nach Räucherstäbchen.


Am Abend war dann erneut ein grosses Familienneujahrsdinner mit vielen Gerichten. Nach dem Essen drückte uns mein Hostfather eine Tausendernote in die hand und bestellte zwei Taxis, welche alle Jungen zu einem riesigen Shoppingmall-Freizeitcenter schoffierten. Wir Knaben gingen Basketball und Billard spielen, die Mädchen schauten sich im Kino einen Film an. War ein toller Abend!

Am nächsten Tag bin ich mit meiner Hostfamily zur Familie von der „Mutterseite“. Hier ist Tradition, dass nach dem „Chinese New Year“ alle Töchter einer Familie, welche verheiratet sind, zurück zur ursprünglichen Familie zu einem grossen Essen gehen. Wie schon gesagt ist es in der Chinesischen Kultur ja so, dass das die Braut in die Familie des Bräutigams zieht. An diesem Tag aber ist wie eine „zurück zu den Wurzeln“ Zusammenkunft. Wir waren etwa vierzig Leute. Speziell war, dass das riesige Essen rein vegetarisch war! Der Grund ist derjenige: Die Mutter ist eine Mönchin. Mönche dürfen hier kein Fleisch, Fisch und Geflügel essen, sie müssen sich vegetarisch ernähren. Wir hatten viel spass, liessen Feuerwerk ab und spielten Mahjong. Erneut wurden rote Briefcouverts mit Geld verschenkt. Auch ich erhielt nochmals „Neujahrsgeld“: 2'600 NT$!!! Tausend Dank, dies hätte ich nie erwartet!


Die nächsten drei Tage verbrachte ich mit meinem Hostbruder Kiwi und ein paar seiner Schulkollegen in Taipei. Wir gingen windowshoppen, zu Touristenstrassen Essen probieren, in ein Teehaus karten spielen, in ein „All you can est“ Restaurant drei Stunden lange essen, auf den Nightmarket, Bowlingspielen, usw…


Die erste Nacht verbrachten wir in der Stadt Taipei in einem sehr günstigen, kleinen, jedoch nicht sehr anmächeligen Hotel mit zu kleinen Betten. Die zweite Nacht waren wir dann etwas abseits von der Stadt selbst im Hügelgebiet in einem vergleichsweise besseren kleinen „SPA“ Hotel, in einem aufgrund den Heissen Quellen sehr touristischen Hot-Springs Höhendorf. Dies war auch der Grund, weshalb wir dorthin gingen: Im Hotel hatte es heisse Bäder, welche wir in vollen Zügen genossen. Die Landschaft dort war wunderschön, trotz des Regens. Überall mussten wir etwas mehr bezahlen, als gewöhnlich. Stets wurde uns gesagt: „Chinese New Year“- Aufpreis… Trotzdem habe ich in diesen drei Tagen umgerechnet nur etwa 100 CHF gebraucht! Die beiden Hotels, das Essen, die Drinks, Bowling, Snacks, Taxi, Bus und Metro alles miteinbezogen!!!


Da ich gerade bei Verkehrsmitteln bin: In der neuen, superschnellen Metro von Taipei darf man weder essen, noch trinken. Nicht einmal Kaugummi kauen. Bricht man die Regeln muss man 1'500 NT$ Busse bezahlen. Will man ein Taxi benützen (hier sind alle gelb), macht man zuerst mit dem Taxifahrer den Preis für die Strecke ab, welcher dann auch gilt. Manchmal wird aber auch per Kilometer- und Zeitzähler abgerechnet. Bei den Stadtbussen bezahlt man stets in Bar, entweder beim Ein- oder Aussteigen. Die Bus- und Taxichauffeure fahren übrigens wie ein Kamikaze, eine Fahrt mit ihnen ist wie eine Achterbahn! Aber gerade diejenigen haben immer Glück im Verkehr, ich habe noch nie einen Unfall gesehen. In den Autos in Taiwan ist das Anschnallen nur auf den Vordersitzen Pflicht, auf den Rücksitzen ist es freiwillig. Am Montag (letzter Ferientag) sind wir wieder nach Hause gekommen, und noch am selben Abend begleitete ich meine Familie zu einem Rotary- Familienabendessen. In den letzten paar Wochen war das Wetter sehr schlecht, feuchtkalte 15°C (manchmal auch kälter), viel Regen. Die Häuser haben hier keine Heizungen, da die kalte Zeit nur sehr kurz ist. Demnach ist es im Haus etwa gleich warm wie draussen! Aufgrund der Feuchten Luft fühlt es sich dann so wie 10°C an, für Schweizer sind diese Temperaturen ja mehr oder weniger normal. Für Taiwanesen ist dies aber absolut kalt. Meine Familie trägt im Haus Winterjacken und Mütze, dazu trinken sie heissen Tee ;-)! Wegen der feuchten Luft trocknen die Haare nach dem duschen und die Kleider nach dem waschen kaum, das ist etwas lästig.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Hallo Benj
Es Ist wiederum sehr interessant was Du alles erlebst, im Moment sind wir in Melbourne, das Wetter ist sehr schön und angenehm warm, nicht zu heiss, also gerade richtig für Schweizer wie wir aus dem kalten Winter kommend.
Wenn ich Deine Berichte so richtig interpretiere, können wir und auch noch ganz viele andere Europäer noch Einiges zu unserem Leben dazulernen, so ein Austauschjahr in Taiwan oder China würde noch sehr vielen Leuten in Europa gut bekommen.
Mir hei Di fescht gärn.

Dis Mam und Di Pap