Dienstag, 8. April 2008

Wanderung, Familienwechsel

Mir ist aufgefallen, dass die Unternehmungen hier in Taiwan immer „gute, glück bringende oder ehrenhafte“ Namen haben. In den Namen ist also zum Beispiel stets „Gold, Jade, Schatz, Glück, Ehre, Gross, Hell, Vertrauen, Ruhm, Stolz, Frieden, Moral, Held, Reichtum, Freundschaft,…“, oder was auch immer enthalten. Hat wahrscheinlich auch ein bisschen mit Aberglaube zu tun; ein schlechter Name würde ja vielleicht Unglück und rote Zahlen bringen.
Sehr komisch finde ich, dass hier viele Leute ihre Haare, welche aus ihren Gesichtsmuttermalen wachsen, nicht ausreissen, sondern etwa 10 cm wachsen lassen. Wieso? Dies sieht voll komisch aus, zudem würde mich so etwas wahnsinnig stören. Bringen lange Haare in den Muttermalen ebenfalls Glück?
Was ich noch nie erzählt habe ist, dass ich Chinesisch in „Englisch“ lerne. Ich übersetze also vom Englischen ins Chinesische und umgekehrt. Ein Grund ist, weil
es kaum Deutsch- Chinesisch Wörterbücher gibt, zum Anderen auch weil hier meine „zweit meist“ gebrauchte Sprache eben Englisch ist. Guter Nebeneffekt ist, dass ich des Weiteren auch Englisch lerne, zwei Sprachen in einem also ;-).
Was ich hier ein bisschen vermisse sind gute Milchprodukte. Im Carrefour kann man zwar europäischer Käse und Yoghurt kaufen, dies jedoch zu Wucherpreisen (klar, bei so weit entferntem Import). Also trinke ich halt einfach viel Milch, die ist gar nicht mal so übel. Es gab schon Tage, da habe ich einen Liter Milch getrunken ;-)! Leider ist die hier nicht sehr preisgünstig (1L ist doppelt so teuer wie in der Schweiz! Viehwirtschaft ist in Taiwan eben nicht so üblich, auf Feldern werden hier Früchte, Reis oder Obst angebaut.): Milch und teure Importprodukte aus Europa sind die einzigen Güter, welche ich bis jetzt gesehen habe, für die man hier mehr Geld ausgeben muss als in der Schweiz.
Auf dem Nightmarket habe ich etwas Neues entdeckt: Hauswurz- Blätter! Ja, Hauswurz, die Pflanze, welche auch in der Schweiz in unseren „Steingärten“ wächst. Deren Blätter kann man essen, ausserdem wird auch Saft daraus gemacht. Hauswurz ist hier einfach viel grösser, die Blätter haben fast kein Geschmack, deshalb fügt man hier sehr spezielles, super süsses „Pflaumenpulver“ dazu. Dessen Geschmack ist sehr intensiv und wird hier oft über Früchte gestreut. Zudem habe ich noch etwas Weiteres auf meinem exotischen Speiseplan; Eigentlich sollte ich dies nicht sagen, denn dieses Tier ist Geschützt und vom Aussterben bedroht: Walhai! Schmeckt gut, ist eine Delikatesse. Pro Fischermann dürfen nur 30 Tiere pro Jahr gefischt werden, man will den Bestand nicht noch weiter schrumpfen lassen, ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass weit mehr als 30 Tiere pro Fischer gefangen werden…
Am Samstag waren in Taiwan die Präsidentenwahlen (Tai
wan ist seit den 90er Jahren eine parlamentarische Demokratie mit einem direkt gewählten Präsidenten), meine Gasteltern gingen auch abstimmen. Ich wollte natürlich mit, um zu sehen, wie die Wahlen hier funktionieren. In einem Öffentlichen Institut (bei uns war es eine Schule) konnten meine Eltern ihre Zettel in eine Urne werfen, dazu mussten sie mit ihrem „Namens-Siegel“ unterschreiben. Ich konnte leider keine Photos schiessen; Sie sagten mir, dass sonst die Polizei käme. Gewonnen hat schlussendlich ein Mann von der KMT (Kuomintang = Nationale Volkspartei). Die zweite dominierende Partei ist die DPP (Demokratische Fortschrittspartei = Democratic Progressive Party). Eine weitere, etwas kleinere Partei ist zudem noch die PFP (People’s First Party). KMT und DPP sind sich ständig in Opposition, wobei die KMT eher links gerichtet ist (zwar gegen Kommunismus, will sich jedoch mit dem Festland China vereinigen), und die DPP die rechte Seite besiedelt (demokratisch, Freiheit und Fortschritt, Taiwan als eigener Staat). In Taiwan hat es sehr viele Leute, ihre Wurzeln im kommunistischen Festland China haben oder sehen, deshalb hat wahrscheinlich die KMT die Mehrheit erlangt. Zudem hat der vorherige DPP Präsident seinen Job nicht so gut erledigt (angeblich Wirtschaftsrezession). Wer sich dafür interessiert, muss sich leider selbst darüber informieren, ich komme da nicht so draus und will kein Quatsch erzählen.
Sonntag und Montag sind wir D3500 Austauschschüler nach Hsin- Chu, um einen Tanz zu lernen und üben. Demnächst ist nämlich die „Jahresversammlung“ vom ganzen 3500 Rotary Distrikt, es werden über 2000 Leute anwesend sein. Jeder Club kann dort etwas Präsentieren, zudem auch die Austauschschüler. Mit ein paar Taiwanesen werden wir nun etwas vortanzen; ziemlich
Anspruchsvoll! Ich werde sogar zwei Mal zum Auftritt kommen, denn auch mit meinem Gast- Rotary Club von Chung- Li werden wir so einen Maoritanz von Neuseeland tanzen. Jede Woche treffen wir uns zum gemeinsamen Üben.

Diesen Dienstag wurden in der Schule alle Third- grade Students in einer Versammlung auf dem Sprotplatz zum Lernen und Erfolg angespornt. Es verbleiben nur noch 100 Tage, bis sie denn grossen Universitätstest haben.
Am selben Tag feierte die Kaffeehauskette „
Starbucks“ „10 Jahre China als Absatzmarkt“. Anlässlich wurde gratis Kaffe und Kuchen in den Cafés ausgegeben. Ich und Mr. Lu haben uns dies natürlich nicht entgehen lassen, und standen sowie hunderte andere Kaffeeliebhaber Schlange ;-)!
Am Abend dann hatten wir Rotarymeeting. Unser Club wa
r bei einem anderen Club von Chung- Li zu Gast. Deren Meetingraum ist in einer grossen Fabrik, wo Kugellager hergestellt werden. Ich habe das Bureau vom Boss gesehen, was für ein Luxusbureau! Essen gab’s in der Fabrikkantine ;-), anschliessend wurde ein ganzes Meeting klassischer europäischer Musik gewidmet: Mit einer riesigen Musikanlage spielten sie Ausschnitte von den uns sehr wohl bekannten Musikstücken von Beethoven usw. ab. Auch einige Akte aus Opern wurden uns abgelassen. Wie schon gesagt ist hier „das europäische“ sehr beliebt und gut angeschrieben. Sie sagten: „Wir können es weder verstehen, noch interpretieren; jedoch mögen und geniessen tun wir die Musik sehr!“
Donnerstag und Freitag waren in der Schule wieder Midterm- Exams angesagt, wie üblich machte ich nur beim Englisch mit.
Beim nächsten Rotarymeeting kamen Leute von der Weltbe
rühmten Unternehmung „LG Electronics“, und hielten eine Präsentation über deren Produkte, mit speziellem Fokus auf Klimaanlagen (welche hier ja zur Alltags- Wohnungsausstattung gehören, wie bei uns jeder Winterreifen hat…). Zudem wurden die April Geburtstage und Hochzeiten mit grosser Torte gefeiert.
Nächsten Freitag hatten wir alle Schulfrei, da ein Nationaler Feiertag war; der sogenannte „Tomb sweeping day“ = „Grab putz Tag“. Viele Taiwanesen gehen während dieser Zeit zu den Gräbern der verstorbenen Familienmitglieder, beten und gedenken. Dazu werden die Gräber geputzt, der sich im Verlaufe des Jahres angesammelte Dreck wird weggewischt. Meine Familie ging auch Beten, ihre Gräber haben sie jedoch schon „geputzt“, sie machen dies nach einem anderen Datum.

Am Samstag bin ich mit einem meiner Englischlehrer und ein paar Schülern aus der Klasse 111 auf eine 6 Stündige Wanderung im Nordosten von Taiwan: Einmal mehr wurde ich von der absolut phantastischen Landschaft überwältigt! Die Strecke war insgesamt etwa 12 km, die hatten es jedoch in sich, stets ein Auf und Ab! Habe ich meine Wanderschuhe doch nicht um sonst mit nach Taiwan transportiert ;-)! Sehr speziell war, dass ein Teil völlig tropischer Regenwald war, und der zweite Teil in den höheren Lagen etwas Alpiner, sehr speziell! Wir sahen sogar ein paar Kühe oder Büffel ;-). Die Gerüche, und die Laute der Natur unbeschreiblich! Von den Hügelgipfeln konnten wir manchmal das Meer sehen (nicht immer, denn plötzlich tauchte dichter Nebel auf, trotzdem war es unglaublich heiss und üppig), wunderschön! Was mich sehr verwunderte war, dass der Wanderweg in absolut super gutem Zustand war. Überall gut markiert, Kreuzungen und Wege klar ersichtlich und angeschrieben (Distanz, Höhe, Ort, Richtung, Wegname), im Regenwald war seitlich der Wege das Gestrüpp zurückgestutzt, damit man sich ohne Hindernisse fortbewegen kann. Zudem waren steile Abschnitte mit Steintreppen präpariert worden. Der Tropische Regenwald erinnerte mich an die „Tropenhäuser“, welche wir in einigen Schweizer Zoos haben, hier ist es jedoch Natur pur!
Am Montag zügelte ich in die vierte Gastfamilie um. Bei der alten bedankte ich mich überaus, sie schätzten dies auch sehr und hatten Freude an meiner Dankenskarte. Ich verbrachte wirklich eine supertolle Zeit mit ihnen. Wir treffen uns ja an den Rotarymeetings wieder. Die Neue Familie heisst Family Huang (huáng). Sie wohnen in sehr guter Lage; In der Mitte meiner meist besuchten Orte: Bahnhof, Schule, Nightmarket und Uni. Alles innert 10 Minuten erreichbar. Die Familie besteht aus vier Mitgliedern: Der Gastvater mit Englischem Namen „Sounder“, er betreibt ein kleines Geschäft mit 6 Angestellten; Er handelt mit HiFi- Anlagen, Fernsehern, Kühlschränken, Elektroartikeln usw… Das Geschäft befindet sich im Parterre des Hauses:
Seine Frau heisst „Alice“, sie arbeitet ebenfalls im Geschäft des Hostfathers. Dann habe ich einen 13 Jährigen Hostbruder mit Englischem Namen „Bob“ und eine 14 Jährige Gastschwester namens „Lillian“. Beide gehen noch in der Mittelstufe zur Schule.

Auch diese Familie hat wieder einen Hund, die Rasse ist mir nicht bekannt, jedoch ist er mittelgross mit weissem, mittellangem Fell. Er heisst „Gucci“, vier jährig, und ist sehr niedlich. Am ersten Abend übergab ich ihnen meine letzten Schweizer Gastgeschenke, sie freuten sich darüber sehr; auch hier war das Schweizermesser der absolute Renner. Sie richteten mir bereits das Internet ein und „möblierten“ mein Zimmer mit IKEA Artikeln ;-). Das jetzige Haus ist wie gesagt ziemlich im Zentrum von Chung- Li, demzufolge logischerweise verglichen mit der letzten Familie viel kleiner. Natürlich habe ich wieder mein eigenes Zimmer ;-), habe mich schon eingerichtet! Der absolute Hit ist, dass diese Familie ein „Home- Cinema“ in einem Zimmer eingerichtet hat, natürlich mit bestem Beamer und HiFi Anlage!

Freue mich schon auf den ersten Film; Privatkino Pur! Was noch speziell ist, ist dass mein Hostfather Vegetarier ist. Er sagte mir, wegen der „Gesundheit und der Religion“ will er vegetarisch leben. Die restlichen Familienmitglieder sind dies jedoch nicht. Informationen aus dem Alltagsleben der neuen Familie folgen ;-)… Hier ist die neue Adresse:

Family Huang (huáng)
No. 373,
Xinsheng Road,
Jhongli Cit
y,
Taoyuan County
320,
Taiwan
(R.O.C.)

In den letzten paar Tagen war es SEHR heiss, schon am Morgen um die 30°C, zudem ist die Luft sehr feucht, was alles noch viel heisser macht. Für mich natürlich der absolute Hammer, so etwas erleben zu können! Ich bin nun schon sieben Monate hier in Taiwan, es gefällt mir immer noch absolut super, ich erlebe hier unvergesslich spannende Erlebnisse! Irgendwie komisch finde ich jedoch, dass ich noch nie Krank gewesen bin, ja nicht einmal einen Sonnenbrand hat mich erwischt. Ist ja eigentlich gut so…

3 Kommentare:

Livi hat gesagt…

Hallo Benj!
Wow das tönt ja super was du alles erlebst! Bist du jetzt in deiner 4. und letzten Familie? Cool dass es bei euch heiss ist... Bei uns wird es langsam kalt und der Herbst ist gekommen. Nun haben für uns beide die letzten 3 Monate unseres Austausches begonnen... Komisch, die Zeit vergeht wirklich sehr schnell, findest du nicht auch?
Also, geniesse es weiterhin und bis bald!!
Livi

Michèle hat gesagt…

Hallo Benj,
Dein neuer Blogeintrag tönt wieder super, vor allem die Wanderung, die du unternommen hast hat mich richtig "gluschtig " gemacht. Auf jeden Fall werden wir unsere Wanderschuhe auch mit nach Taiwan nehmen...
Hoffentlich gefällt es dir bei deiner letzten, neuen Familie auch sehr gut. Die Wohnlage ist ja perfekt.
Also, geniesse weiterhin deine Zeit und bleib gesund. Bis bald.
HDMFG.
Mam

Unknown hat gesagt…

Hallo Benj
Also, ich habe meine Wanderschuhe schon angezogen, ich kann es auch kaum erwarten mit Dir und Mam Taiwan zu erkunden. Also Benj, geniesse Taiwan nun noch in vollen Zügen, die Zeit vergeht ja leider immer soooooo schnell :-)
Ha Di fescht gärn di Pap